#RPremote – ein kurzes recap

re:ublica, das bedeutet drei volle Tage mit tausenden von Menschen bei hunderten von Veranstaltungen in der „Station“ Berlin. Oft gemeinsames Treffen am Vorabend mit #DigitaleKirche und Freunden und das Kennenlernen zahlreicher neuer Leute. Dieses Jahr war so einiges anders. Ein Rückblick.

Schon allein die Anreise war viel kürzer. Mit Hausschuhen aus der Küche zum Schreibtisch statt mehrere Stunden im Zug. Keine Hotelbuchung, aber auch kein Meetup am Vorabend und keine zufälligen Frühstücksbekanntschaften. Erste Erkenntnis: Vorfreude gehört dazu! Vielleicht sollte ich die nächste virtuelle Großveranstaltung doch schon bewusst am Vorabend beginnen?!
Zwischendurch saß ich mit Picknickdecke im Park, während ich auf zwei Devices die Konferenz verfolgt habe, dann wieder am großen Monitor am Schreibtisch. Vorteile der digitalen Möglichkeiten!

Vieles war bei der #rp20 viel kürzer. Die Einlassschlangen wurden durch eine überlastete Website adequat nachempfungen, aber ein Direktlink zu YouTube half, doch noch in alle (!) Veranstaltungen rein zu kommen. Ein echter Vorteil. Kurze Wege und keine verschlossenen Türen. ASAP1 war auch immer auf die Minute pünktlich, leider die anderen „Bühnen“ (ASAP2, re:work) nicht so, eine geplante Veranstaltung musste ich also wegen Verspätung skippen. Aber insgesamt war es ein voller und runder Tag. Aber eben nur einer statt drei. Das nimmt die typische Dramaturgie (1. Tag viele Sessions, 2. Tag weniger Sessions & mehr Treffen, 3. Tag kaum noch Sessions & Zufallsbegegnungen). Aber auch in den 12h gab es (für mich) alle drei Teile:

Hanno hat für die digitale Kirchenblase einen Meetingraum bereit gestellt. Gefühlt saß ich da die meiste Zeit auf einer gemütlichen Ledercouch und hab mit Freunden geredet (auch wenn erstaunlich wenige der „üblichen Verdächtigen“ dabei waren!). Zwischendurch konnte man sogar dort sitzen bleiben, während man auf einem SecondScreen ein Event besucht hat. Etwas skurril war nur, wenn mehrere Leute Kommentare zu unterschiedlichen Bühnen gegeben haben oder sich tiefere Gespräche ergaben, während man auf dem anderen Ohr einem spannenden Sprecher lauschen wollte. Für Zufallsbegegnungen gab es vom Veranstalter den „Hof“ als Zoom-Konferenz. Dort konnte man zusammenkommen und mit Leuten über triviales reden, was oft auch persönlich oder relevant wurde und zumindest nah dran war am Gewusel des physischen Hof-Erlebens. Mit 100 Leuten in einem Raum nimmt man einzelne kaum wahr, aber gegen später beim Beerpong in kleiner Runde wurde es dann sogar richtig innovativ…

An die Inhalte erinnere ich mich diesmal irgendwie weniger als sonst. Komisch, weil man ja denken könnte, Inhaltsvermittlung gehe online besser als Atmosphäre. Vielleicht liegt es daran, dass die Sessions auf 30min gekürzt wurden (oft mit 30min DeepDive hinterher für Interessierte). Das Screen Design war eine Mischung aus 90er-Jahre Website und TV-Studio mit bunter Laufschrift und Twitter-Einblendungen. Im News-Stil wurden die Speaker angekündigt und die Übergänge waren rund.
Es ging, um mögliche Learnings aus der Coronakrise für die Klimakrise und die Frage, nach effektiver Teamarbeit ohne physischen Kontakt. Um die Unterscheidung zwischen sofort-Themen und langfristiger Entwicklung, den WirVSVirus-Hackathon und die Systemrelevanz von Kultur. Resümieren über technische Entwicklungen des Internets, von Schule und Bildung sowie die Corona-App. Durch die Kürze hatte ich den Eindruck, dass die Redner*innen oft nur die Projektvorstellung bzw. Einleitung in komplexe Themen geschafft haben und die Anwendung oder Vertiefung fehlte. Da würde ich in Zukunft Mut machen, wieder auf längere Formate zu setzen, um mehr Komplexität zu ermöglichen.

Hinterher kam nicht die stundenlange Heimfahrt, was cool ist, aber auch den gedanklichen Transfer verhindert. Keine Zeit zum Runterfahren, zum Reflektieren, als Übergang in den Alltag. Am nächsten Tag Büro als wäre nichts gewesen. Immerhin kann man die verpassten Sessions (demnächst) in der Mediathek nachschauen, wie man das von der physischen re:publica gewohnt ist. Mein Eindruck ist, dass dieses Event (mit den genannten Einschränkungen) richtig gut gelungen ist, aber ich als Teilnehmer noch lernen muss, ein digitales Event noch stärker als solches wahrzunehmen. Ich vermute, dass einige Kolleg*innen und Freunde gerade deshalb nicht dabei waren: Wenn Familie und Kinder zu Hause drängeln oder Kollegen an die Tür klopfen, kann man sich nicht so leicht aus dem Flow rausziehen als wenn man wirklich in einer anderen Stadt ist. Trotz Virtualisierungstechnologie müssen wir uns immer noch entscheiden, an welchem Ort wir gerade wie intensiv sein wollen.


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