Erfahrungen auf dem Mosel-Camino

[Nennung von Namen und Marken ist keine bezahlte Werbung, sondern subjektive Einschätzung aufgrund unserer Erfahrungen]

Nachdem ich letztes Jahr von Erfurt zum Rhein gepilgert bin, habe ich mir dieses Jahr mit einem Freund den Anschluss von Koblenz nach Trier vorgenommen. Der Mosel-Camino ist ein schöner (und anspruchsvoller) Fernwanderweg mit nominell ca. 160 Km (gelaufen sind wir laut Handyaufzeichnung 201 Km). Dazu einige tägliche Höhenmeter zwischen Moseltal und Höhenlagen. Sinnvoll wäre es wohl, den Weg in kürzere Etappen (max 16-20 Km/Tag) aufzuteilen und lieber 1-2 Tage länger einzuplanen als der Outdoor-Führer aus dem Conrad-Stein-Verlag empfiehlt. Dann hat man den Kopf frei bzw Zeit, auch mal in Kirchen zu verweilen oder die schöne Natur zu genießen statt überall vorbeizuhetzen. Das Buch ist übrigens nur bedingt als Pilgerführer zu empfehlen. Es behauptet zwar Wanderführer und Pilgerführer zu sein, präsentiert aber primär historische Zahlen statt spiritueller Inhalte zu Kirchen, Klöstern und Strecken, verzichtet auf eine Liste von Pilgerstempeln und verzeichnet eher hochpreisige Unterkünfte. Echte Pilgerherbergen (5-10 EUR Spende im Massenquartier) finden sich allerdings an der Mosel auch nicht, sondern 30-40 EUR p.P. im Doppelzimmer sollte man einplanen. Dann bekommt man guten Standard mit reichhaltigem Frühstück. Das hat aber dann nicht so viel mit dem ursprünglichen Pilgergedanken (mit wenig Geld mehrere Monate bis nach Spanien laufen) zu tun, sondern ist eher ein 2 Wochen Aktivurlaub. Interessant wäre eine antikapitalistische Variante, den ganzen Weg über mit Schlafsack in Schutzhütten zu übernachten und sich an vorhandenen Wasserbecken frisch zu machen.
Die Strecken scheinen mir auch nicht so sehr an historischen Wegen oder „energieeffizient“ markiert zu werden, sondern aufgrund touristischer Kriterien. So sind einige Alternativrouten direkt an der Mosel im Buch von 2021 nicht mehr enthalten (angeblich weil die Fahrradfahrer sich über zu viele Pilger auf dem gemeinsamen Wegstrecken beschwert hatten) und einige Bergtouren könnte man deutlich einfacher begehen. Da empfehle ich jedem Wanderer, seine eigene Route zu wählen. Von der Via Regia und dem Elisabethpfad bin ich da aber etwas mehr Pilger-Unterstützung gewohnt als an der Mosel. Entsprechend würde ich meine Reise diesmal auch nicht als Pilgerreise, sondern als Wanderurlaub bezeichnen (auch wenn es geistliche Momente und Pilgerbegegnungen gab). Schön war, dass nach dem coronabedingten Lockdown Hotels und Gastronomie wieder öffnen konnten und so andere Pilger unterwegs waren. Es gab also immer wieder persönliche Begegnungen, wie man es sich beim Pilgern wünscht.

Als Grundlage für eine Planung des Moselcamino kann ich empfehlen: http://mosel-camino.info/
Wie bei jeder Tour sollte man nur das Nötigste mitnehmen. 2 Klamottensets (Merinowolle oder schnelltrocknende Synthetik), Hohe Wanderschuhe und leichte Abendschuhe, kleiner Kulturbeutel und minimales Technikset (Handy, Ladegerät, Powerbank, weil der Empfang dort oft erstaulich schlecht ist, was Akkuleistung zieht!). Oft kann man sich vom Frühstück noch ein Brötchen für den Weg mitnehmen oder beim Bäcker besorgen. Ein Apfel und Müsliriegel, evt Banane oder Tomate zwischendurch reichen dann, um über den Tag zu kommen. Ich mag meine 2l Trinkblase, die ich täglich mit Leitungswasser auffülle und eine kleine Flasche, in der ich abends ColdBrewCoffee (Turkish Style) für den nächsten Tag ansetze, um unterwegs Kaffee trinken zu können. Nach Ankunft tut mir ein halber Liter Wasser mit Minaral-Vitamin-Tabletten gut und abends ein guter Moselwein lokaler Erzeuger.

Unsere Tourdaten:

Koblenz Hbf – Stolzenfels Zubringer über den Rheinburgenweg (ca 10Km) Es lohnt sich, hier mit einer Übernachtung zu starten, wenn man eine längere Anreise hat.
ÜN: „FeWo-Stolzenfels“ (war bei uns ausgebucht) ist gut gelegen am offiziellen Wegstart. Hotel zur Kripp war OK, aber ca 1,5Km ab vom Weg.

Koblenz-St. – Alken 17,6 Km (Real haben wir mit Zubringerwegen 22,5 Km zurückgelegt) neben der Autobahnrastanlage kann man erstaunlich gut pausieren.
ÜN: Pilgerherberge am Bleidenberg (war bei uns ausgebucht).

Alken – Kloster Maria Engelport 26 Km ÜN im Kloster lohnt sich.
Die Strecke ist allerdings zu weit! Bis Treis-Karden schafft man es (waren schon 25 Km, die weiteren 8 haben wir im Taxi abgekürzt). Wer im Kloster übernachten will, sollte ggf die erste ÜN nach Löf oder Hatzenport schieben oder eine extra ÜN nähe Burg Eltz einplanen, um nicht zu spät am Kloster anzukommen.

Kloster Engelport – Bullay 20 Km ist vom Kloster aus machbar. Von TK aus wieder viel zu weit vorgegeben! Interessanter Brautrock-Brunnen.
ÜN im Moselinchen ist nett und unkompliziert

Bullay – Traben-Trarbach 23,7 Km (real 27Km). Wir hatten geplant, mit einer Fährüberfahrt nach Pünderich die geplante Route abzukürzen, aber die Fähre war ohne Vorankündigung auf der Webseite außer Betrieb. Alternativroute nördlich der Schleife am Moselweg ist auch schön, später macht bei Sonnenschein der „Heiße Stein“ seinem Namen alle Ehre und über den Mont Real läuft es sich entspannt schattig (aber nicht mit wenig Höhenmetern).
ÜN in der Pilgerherberge Alte Lateinschule (war bei uns ausgebucht) ist wohl sehr empfehlenswert. Wir haben bei Pension Bartz etwas weiter außerhalb mit modernen Zimmern und kleinem Pool im Garten gute Erfahrungen gemacht.

Traben-Trarbach – Klausen 23,7 Km (real 27,2 Km) auch hier zu weit und ab Monzel würde ich die „alte Alternativroute“ nördlich der letzten 2 Berge empfehlen.
ÜN: nette Pilgerherberge in Klausen direkt am Dorfladen, sehr zu empfehlen! Aufgrund der Streckenaufteilung aber vielleicht doch eher in Monzel bleiben?!

Klausen – Klüsserath 10,5 Km (real 13Km) war kurz und entspannt, lässt Zeit zum Nachdenken und für Begegnungen
ÜN: Privatzimmer im Weingut Herres inkl Essen und Weinprobe in persönlicher Atmosphäre sind sehr zu empfehlen

Klüsserath – Schweich 14 Km (real 16,7)
ÜN: Pension Schiff war ausgebucht (von anderen empfohlen), Pension Wallerath direkt am Weg war gut.

Schweich – Trier 20,2 Km (real 25 Km je nach Stadtroute), sieht erst flach aus, hat aber einige heftige Anstiege und zieht sich am Ende länger als man denkt. Am Anfang ist eine Alternativroute bis Quint an der Mosel angenehm zu laufen. In Trier lohnt es sich noch ein paar Stunden oder sogar einen ganzen Tag einzuplanen, um auszuschlafen und wieder in der Zivilisation anzukommen
ÜN in der neu renovierten Jugendherberge war gut, setzt aber eine kostenpflichtige Mitgliedschaft aller Gäste voraus.


Am Ende ist ein Pilgerweg das, was man draus macht. Wir hatten fast täglich gute Begegnungen mit Menschen, die auch unterwegs sind und Fragen haben. So kann man sich gegenseitig bereichern, wenn man offen ist und ins Gespräch kommt. Daher würde ich auch immer zu kurzen Etappen und freien Zeiten raten, um Zeit für sich, andere Menschen und Gottesbegegnugnen zu haben.

Mehr Fotos gibts bei Facebook!


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