Iconic Church

Seit den 90er Jahren reden Geisteswissenschaftler aller Fachbereiche vermehrt vom Iconic Turn. Sie meinen damit, dass Icons/Grafiken immer stärker unsere Wahrnehmung prägen. Wo vorher Texte die Welt erklärt haben, treten jetzt Bilder ins Zentrum. Egal ob es um die Bedienung von ComputeScripture Iconrn und Smartphones geht, um Symbole auf Schildern oder um Internetseiten. Dass Fotos als Blickfang wirken, ist schon lange bekannt. Mittlerweile wird das Bild aber durch Netzwerke wie instagram immer öfter zum Hauptbestandteil der Nachricht.

Gerade habe ich einen Text darüber für die EKD-Synode im November geschrieben. Das inspiriert mich, auch hier nochmal weiterzudenken.

Die intensive Bildkommunikation beeinflusst auch, was Menschen erwarten, wenn sie Vorträge oder Shows sehen. Die Aufmerksamkeitsspanne sinkt, immer öfter muss man gerade junge Zuhörer „aufwecken“ oder medial „bei der Stange halten“. Und selbst im Gottesdienst ist ein adequater Medieneinsatz unerlässlich. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Medien auch schnell zu viel Aufmerksamkeit bekommen und vom eigentlichen Inhalt ablenken können. Wenn eine Theaterszene oder ein Filmausschnitt die Predigt vorbereitet, können die Worte tiefer wirken. Wenn sich am Ende aber niemand an den Predigttext erinnert, sondern der mediale Effekt memoriert wird, ging der Schuss nach hinten los.

Was macht das mit dem Evangelium? Ich wage mal zu behaupten, dass Predigten, die diesen Paradigmenwechsel ernst nehmen, näher dran sind an den Gleichnisreden Jesu. Nicht mehr so verkopft, wie die Wort-Theologie der Reformationskirchen, sondern einfach und lebensnah. Kurze Redeblöcke mit leicht zu merkenden Kernsätzen. So konnten schon vor 2000 Jahren Menschen das „Reich Gottes“ in Geschichten aus ihrer Erfahrungswelt lebendig erfahren.

Vielleicht sind passende Bilder heute nicht mehr aus der Landwirtschaft und dem Hausbau, sondern aus dem Sport, der Disko, dem Internet. Das Thema bleibt sicherlich Gottes Liebe und Gnade. Aber womit man sie vergleicht, darf sich nach der Zielgruppe richten. Auch ob man Bilder auf Papier malt, virtuell in Köpfen entstehen lässt oder digitale Medien nutzt, kann variieren. Wer alle Methoden beherrscht, kann sich je nach Szenario das passende Medium aussuchen. Die Wende hin zu Bildern heißt ja nicht, dass die Schrift oder Sprache völlig untergeht. Was bleiben wird ist ein Medienmix. Da, wo man mit Worten etwas exakter ausdrücken kann, werden sie weiter genutzt werden. Da wo Bilder Emotionen verdeutlichen können, macht es Sinn, diese einzusetzen. Und eine Mischung aus Grafiken und Texten mit alltagsrelevanten Beispielen wird meist den besten Effekt erziehlen. Egal ob von der Kanzel gesprochen, auf Facebook gepostet oder als Video bei YouTube.


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