Archiv der Kategorie: Social Media

über digitale soziale Netzwerk-Medien

SocialMedia-Material der EKM

Seit 8 Jahren bin ich ja als SocialMedia-Koordinator angestellt. Einiges, was ich sonst als Medientheologe mache überschneidet sich mit der Tätigkeit dort. Aber der meiste Output landet am Ende auf den Seiten/Kanälen der EKM. Deshalb kam ich gerade auf die Idee, auch hier mal einen Hinweis zu geben, was euch davon interessieren könnte. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit 🙂

  1. aktuelle SocialMedia-Schulungen
    Videoschnitt, Bildgestaltung, SocialMedia-Grundlagen, Instagram Grundlagen etc. hier kann man sich für die hybriden Schulungen der EKM anmelden oder nachträglich auf das Schulungsmaterial zugreifen.
  2. SocialMedia-Artikel
    in unserem Printmagazin EKMintern veröffentliche ich immer mal wieder Artikel zu Digitalthemen. Hier eine Übersicht inkl der verlinkten Dokumente zum Nachlesen.
  3. Bildgestaltung von Reels auf Instagram und Facebook
    Ich habe etwas drüber nachgedacht, welche Bildgestaltung für Hochformatvideos sinnvoll ist und welche Bereiche im Bild für Texteinblendungen passen.
  4. Barcamp Kirche Online im März 2023
    Eine Veranstaltung, die ich schon seit über 10 Jahren begleite sind die kirchlichen Barcamps (#bckirche). Hier treffen sich alle, die Kirche und Onlinewelt irgendwie zusammendenken. Sei es im Bildungsbereich, Verkündigung, Seelsorge, Verwaltung, Innovation oder Musik. Dieses Jahr ist vor allem der vorgeschaltete Fachtag „Blended Reality“ der Erwähnung wert, wo wir über die Zukunft kirchlicher Veranstaltungsformate nachdenken.
  5. VR-Experience als kirchliches Erfahrungsfeld
    Wir gehen der Frage nach, wie virtuelle Realität den kirchlichen Alltag bereichern kann. Bisher noch Zukunftsmusik, aber da die Zukunft gerade anbricht, denken wir schon jetzt mit und experimentieren mit verschiedenen Apps. Einfach mal ausprobieren ist der beste Weg, um zu verstehen, was so faszinierend daran ist…

Das ist natürlich nicht alles, was ich für die EKM mache, aber soll euch als Materialsammlung aus dem Bereich „Medientheologie“ unterstützen, gute Infos zu finden 🙂

Digitale Socials – zwischen Spielerunde und Whisky-Tasting

Können wir trotz physischem Kontaktverbot persönliche Gemeinschaftserfahrungen machen? Wie können wir Freunde treffen und neue Menschen kennen lernen, wenn man sich nicht zufällig treffen kann?

In den letzten Wochen habe ich viele Experimente gemacht, wie Gemeinschaft im Internet funktionieren kann. Hier möchte ich ein paar Ideen kurz skizzieren. Wer über Details fachsimpeln möchte, kann mich gerne kontaktieren 🙂
Bei den Aktionen war mir immer wichtig, dass sie möglichst barrierefrei sind, also nicht von bestimmter Software abhängig sind. Pragmatisch habe ich allerdings meist „Zoom“ genutzt, weil die Usability da einfach gepasst hat. Überall wo Zoom steht, kann man aber auch GotoMeeting, Skype, Teams, BBB oder Jitsi ausprobieren…

Über Zoom kann man Spiele spielen. Am enfachsten, wenn es keine geheimen Handkarten oder Nachziehstapel gibt. Alle sozialen Spiele wie „Die Werwölfe vom Düsterwald“ (am Anfang im Privatchat Charaktäre zuweisen, danach spielen wie normal) oder „StadtLandFluss“ sind einfach umzusetzen. Aber auch „Uno“ geht, wenn alle Mitspieler ein eigenes Kartendeck haben. Etwas anspruchsvoller ist es, eine Runde „Skat“ zu organisieren. Dabei muss eine vierte Person die 32 Karten bei sich verteilen und die Mitspieler per Privatchat informieren. Dann kann jeder haptisch diese 10 Karten auf die Hand nehmen. Effektive Runden nutzen alternativ eine Online-App, aber meine Erfahrung ist, dass gerade die unproduktiven Wartezeiten gute Gespräche und Gemeinschaft ermöglichen. Wer mehr Aufwand betreiben will, kann auch versuchen, Brettspiele oder P&P-Rollenspiele online zu spielen. Sobald man eine Spielleitung investiert und die Mitspieler das benötigte Material haben, ist nahezu alles möglich.
*Edit* Nicht zu vergessen sind Tools wie www.horsepaste.com (Codenames online), skribbl.io (Montagsmaler), m.brettspielwelt.de (zahlreiche Brettspiele online umgesetzt) oder klassische Multiplayer-Konsolenspiele, die gerne mit Discord-Server, Telefonverbindung oder Zoom-Call kombiniert werden. *Ende Edit*

Über Zoom kann man Freunde treffen. Egal ob einfach so zum Reden, Mentoring, Seelsorge, Gottesdienst, Teammeeting oder zum philosophischen Kreis, Lesezirkek, Kochgruppe, …
Wichtig ist, dass bei großen Gruppen oder lautem Hintergrund alle Teilnehmer die Mikrofone stumm schalten und nur an machen, wenn sie etwas sagen wollen. Wir haben in verschiedenen Besetzungen zusammen gekocht, gefrühstückt, getrunken, getanzt, gebetet und gefachsimpelt. Mein Tipp: Plant vorher, worum es geht, damit keine falschen Erwartungen entstehen, aber bleibt offen, wenn im Moment etwas anderes dran ist.

dezentrales Whisky-Tasting

Auch eine Verbindung aus Fortbildung und Gemeinschaft ist möglich. Wir haben ein „dezentrales Whiskytasting“ eingeführt, bei dem die Teilnehmer sich vorher anmelden, per Post die abgefüllten Probierflaschen zugeschickt bekommen und dann zur festgelegten Zeit gemeinsam verkosten. In unserer Gruppe kam der Wunsch auf, ein BlindTasting zu machen, also erst nach dem Probieren aufzulösen, was man gerade getrunken hat. Bei mehr als 10 Personen empfielt sich das Verkosten Kleingruppen (Zoom Breakout-Sessions). Danach dann die Auflösung und Austausch als Gesamtgruppe. Je Gang muss man 20-30min rechnen und am Anfang sollte sich jeder zumindest kurz vorstellen, damit die Gruppe sich finden kann.
Das nächste Tasting mit sechs hochwertigen Whiskys (meist schottische SingleMalt, aber auf Wunsch der Gruppe auch internationale Varianten) findet am Sa 23.5.2020 statt (mehr Informationen). Wer dazu kommen möchte, kann sich bis 16. Mai bei mir anmelden.

Berührungslose Tanz-Partys, Impro-Theater, VirtualChoir, Beer-Pong, SpeedDating. Viele digitale Events sind vorstellbar. Wichtig ist, dass man in der Krise nicht sagt, „Doof dass XY nicht möglich ist!“, sondern dass man sich überlegt, wie XY unter den gegebenen Umständen anteilig erlebbar wird. Und dabei darf man auch die klassischen Medien nutzen. Mit dem Telefon statt Computer kann man bei Webinaren spazieren gehen. Einfach mal ein Buch lesen und nicht digital vernetzt sein, ist auch erlaubt. Finde heraus, welche Gemeinschaftsbedürfnisse du hast und welches Tool dir helfen kann, sie zu stillen. Und sprich mit anderen Menschen darüber, was auch für die passt, denn Gemeinschaft hat immer was mit mehreren Personen zu tun 🙂

Gottesdienst-Live-Streaming kann ganz einfach sein

Durch die aktuelle Infektionsgefahr werden immer mehr Veranstaltungen abgesagt und Menschen mit erhöhtem Risiko zögern auch oft, zum Gottesdienst zu gehen. Daher habe ich mich kurzfristig bereit erklärt, im ersten Online-Barcamp der Initiative „GottDigital“ eine digitale Session zu dem Thema Gottesdienst-Livestream zu halten, die ich hier aufbereite.

Disclaimer: Es ging dabei primär um technische Hürden. Die Frage, ob man nur die Predigt oder das gesamte Programm streamen möchte, ob Live oder Aufnahme besser passt und wie man Interaktion und Online-Gemeinschaft erzeugen kann, war nicht unser Thema. Dazu wird sicherlich demnächst ein ergänzender Beitrag der OnlineKirche folgen.

Außerdem verweise ich jetzt schon auf den guten Beitrag von Christoph Breit, der das Thema für die ELKB durchdacht hat.

Quick & Dirty (für spontane Notfälle und ohne Budget):

  • Fixiere dein Handy auf einem Stativ und streame direkt via Facebook/Insta-live. Das geht ohne große Vorbereitung direkt über die App (YouTube streamt nicht ohne weiteres vom Handy)
  • Nutze ggf einen Laptop, um parallel mit den Zuschauern zu interagieren. Zuschauer begrüßen, Fragen beantworten oder bei Problemen unterstützen ist hilfreich und vermeidet Frust. Das sollte man nicht mit dem Device machen, das gerade streamt, sondern besser mit einem zweiten Gerät (Facebook im Browser vom Laptop aus)
  • Als Upgrade kann man ein Mikrofon oder den Masterausgang des lokalen Audiomischers per Klinkekabel anschließen, um nicht die Umgebungsgeräusche des Smartphones aufzunehmen.
  • Gemeinden für die, das DSGEKD gilt, können sich auf §53 berufen, der das Streamen von Gottesdiensten nach vorheriger Information der Gemeinde erlaubt. Ein deutliches Schild am Eingang und ein Hinweis in der Begrüßung sollten dabei hinreichend sein. Fairerweise sollte man Besucher vor Ort dennoch informieren, wo sie mehr/ weniger/ gar nicht im Bild sind.
  • Für einen Stream mit mobilen Daten sollte man UMTS oder LTE nutzen und 1-2GB Datenvolumen (oder stabiles WLAN) zur Verfügung haben. Ggf sollte man sich informieren, wie man kurzfristig neues Volumen dazubuchen kann, um Lücken zu vermeiden. Auch ein Netzteil zur Stromversorgung hilft, Abbrüche zu vermeiden.

Etwas besser (mit Vorbereitung und kleinem Budget):

  • Wer ein wenig Zeit zur Vorbereitung hat, kann eine einfache USB-Webcam (FullHD reicht aus) und den sauberen Saalton an einen Laptop anschließen.
  • Ggf kann die Webcam auch als zusätzliches Raumklangmikro genutzt werden.
  • Die kostenlose Software OBS läuft unter Windows, Mac und Linux und bietet kostenlos die Funktionen einer kompletten TV-Regie. Eine oder mehrere Webcams, Videoeinspieler, Desktopaufnahmen, Bilder, Sounds, Mikros oder sogar Webseiten können abgemischt und direkt zu Facebook oder YouTube gestreamt werden. Für eine Ausspielung über die Gemeindewebsite empfiehlt sich YouTube, weil man den Live-Feed direkt als iframe in jede Website integrieren kann und die Zuschauer keinen Account brauchen, um den Livestream zu sehen. Auch kann man hinterher die Videos dauerhaft nachschauen und einfach verwalten.
  • Wichtig: Die Kameraperspektive so wählen, dass ein relevantes Bild gestreamt wird. Ggf kann man mit zwei Webcams arbeiten, um eine Großaufnahme (z.B. Prediger) und eine Totale der Gemeinde oder des liturgischen Raumes zu bieten.
  • Für die Zuschauer ist dabei ein verständlicher Ton das wichtigste, eine gute Beleuchtung das zweitwichtigste und eine super Videoauflösung nur das drittwichtigste. Also nicht als erstes in Profi-Kameras investieren, sondern zuerst Ton und Licht optimieren, dann kann oft auch eine einfache Kamera gute Bilder einfangen.
  • Ein stationärer DSL-Anschluss mit min 2-3Mbit/s Upload reicht für einen 720p-Stream. Für FullHD sollte man 5Mbit/s sicher stellen. 4K Livestreams sind für Gottesdienste nicht unbedingt nötig und belasten meist die Internetleitungen unnötig stark.

Richtig gut (Aufwand und Budget nach oben offen):

  • 1-3 Camcorder mit Schwenkstativen und Kameraperson können natürlich viel professioneller die perfekten Blickwinkel abdecken. Wichtig sind dabei die Gesichter der handelnden Personen (einheitliche Eyeline beachten), teilweise auch die ganzen Personen und bei Textlesung/Gebet auch liturgische Symbole wie Kreuz, Kerze, Bibel oder andere Dinge, die nicht vom Inhalt ablenken aber auch nicht die Person über den Inhalt stellen.
  • Ggf kann eine Remote-Cam helfen, auch ohne Zusatzpersonal mehrere Kameraperspektiven abbilden zu können.
  • Für den guten Ton kann man jedem Mitwirkenden ein Funkmikrofon anstecken oder ein Rednermikrofon auf einem Stativ nutzen. Für gut hörbaren Gemeindegesang, einen Chor oder eine Band sind mitunter Saalmikros hilfreich. All diese Kanäle sollte ein zusätzliches Audiomischpult zu einem guten Klang für die Aufnahme abmischen. Roland bietet AV-Mischpulte an, die Audio und Video in einem Gerät mischen und am Ende ein USB-Signal zum Stream ausgeben. Das kann dann wiederum über OBS oder ein Streaming-Device ins Netz gelangen.
  • Wer für die Zuschauer das abgefilmte Geschehen kommentieren möchte, sollte ein Kommentator-Mikrofon bereithalten. Ob das bei einem Gottesdienst nötig ist, hängt vom Format ab (z.B. könnte man übers Netz gesammelte Fürbitten bewusst vom Techniker einbringen lassen statt vom Liturgen.
  • Über OBS oder die Superimpose-Funktion des Videomischers können Namen und Textinfos als „Bauchbinden“ über PErsonen eingeblendet werden. Außerdem können Video-Einspieler, Vorspann, Nachspann, oder ein Gemeindelogo als Bug das Video aufhübschen. All das ist nicht nötig, macht aber einen runden Gesamteindruck aus und hilft den Online-Zuschauern ggf, sich stärker verbunden zu fühlen, wenn speziell für sie gestaltete Informationsclips vor und nach dem Livestream sie am Gemeindeleben teilhaben lassen.
  • Wie gesagt: Der Aufwand ist nach oben offen und beliebig skalierbar. Für eine Konferenz mit tausend Zuschauern wird man mehr investieren also für 10 Gottesdienst-Mitfeiernde. In manchen Situationen ist es wichtiger, überhaupt etwas anzubieten, als es perfekt zu inszenieren. Und das Wichtigste sind mitunter die inhaltlichen Kriterien, was wann warum mit wem geteilt wird, um welchen Effekt zu erziehlen. Aber dazu mehr an anderer Stelle.

Weitere Infos:

  • Die OnlineKirche (Erprobungsraum der EKM) bietet mehrere OnlineGottesdienste an, die unabhängig von Zeit und Ort, aber dennoch interaktiv gefeiert werden können.
  • Ggf werden Teile des Barcamp Kirche Online (ursprünglich geplant 2.-4. April in Dresden) online erfahrbar gemacht.
  • Techniklinks und Infotext als fertige Vorlage
  • Evt kann einigen das MEVO Kamera-Kit (ca 400 EUR) hilfreich sein, was ich aber nie getestet habe.

Kirchliche Medienkompetenz

Neulich wurde ich gefragt: „Was sollte sich in Sachen kirchliche Medienkompetenz in den nächsten fünf Jahren entwickeln?“ Daraufhin habe ich folgendes geantwortet:

Wir erleben, dass digitale Kommunikation in der Gesellschaft fest verankert ist. Menschen treffen sich weiterhin Face-to-Face, aber zwischen den Treffen bleiben sie medial in Kontakt. Und der virtuelle Austausch nimmt immer mehr Lebenszeit ein und prägt dadurch sehr stark, was Menschen denken, glauben und tun. Auf diese Form von Sozialleben sind wir als Kirche weitestgehend nicht gut vorbereitet.
Es wäre wichtig, dass wir schon in der Ausbildung von Pfarrerinnen und Diakonen, Gemeindepädagogen und Jugendreferentinnen wert darauf legen, sie ganzheitlich – also auch digital – zu bilden. Das bedeutet einmal, dass sie praktisch mit aktuellen Tools umgehen können, sie ethisch bewerten und einordnen, welche Folgen ein Einsatz sowohl positiv als auch negativ hat, aber auch, dass sie die Kompetenz entwickeln, sich selber in neue Szenarien einzuarbeiten und für bestehende Problemfelder digitale Lösungen mitzudenken. Denn der Medienkanon wird sich alle paar Jahre verändern und nur die bisherigen und die aktuellen Medien zu kennen wird auf Dauer im Job nicht kompetent machen.
Aber nur Menschen, die mit einem weisen Überblick digitale Möglichkeiten für den Gemeindealltag nutzbar machen, können Gemeindemitglieder wirklich kompetent begleiten. Wie gehe ich mit Seelsorgeanfragen auf WhatsApp um? Welche Fotos kann ich bei Instagram ohne Genehmigung einstellen und welche Folgen hat es, wenn ich Jugendliche ermutige, ihre Künste über TikTok zu teilen. Chancen und Risiken kennen, abwägen und Menschen beraten kann nur, wer selbst souverän mit Medien umgeht. Weil nicht jeder Hauptamtliche alles wissen kann, braucht es Experten in Kirchenämtern, die schulen, beraten und in konkreten Fällen ansprechbar sind. Aber eine digitale Basisausbildung wird in Zukunft ähnlich wichtig sein, wie eine saubere Handschrift in den letzten 100 Jahren war.
Und das betrifft letztlich nicht nur Hauptamtliche, sondern auch Ehrenamtliche und Laien, weil mittlerweile jeder mit Medien umgeht und Medien produziert. Wer Kinderfotos veröffentlicht, sollte vorher über Bildrechte Minderjähriger nachdenken (wobei die Antwort durchaus unterschiedlich ausfallen darf!) und wer den eigenen (oder Fremden) Nachwuchs vor YouTube abstellt, um Zeit für andere Dinge zu haben, sollte zumindest im Blick haben, dass weniger kindgerechte Inhalte nur 2 Klicks entfernt warten. Medien sind keine Babysitter, sondern Tools, die man in der Erziehung von Kindern durchaus nutzen darf, ohne dadurch die Beziehungszeit zu kürzen.
Wenn also digitale Medien sowohl privat, als auch im Gemeindealltag, in der wissenschaftlichen, organisatorischen und öffentlichen Kommunikation unser Leben zu großen Teilen prägen, sollten wir sie auch in der Aus- und Weiterbildung entsprechend stark berücksichtigen. Es ist gut, wenn Pfarrpersonen theologisch immer wieder auf dem aktuellen Stand bleiben, sich methodisch weiterentwickeln und philosophisch immer tiefere Erkenntnisse gewinnen. Gleichzeitig brauchen sie ein Wissen über zeitgemäße mediale Formen, um diese Kompetenzen für sich und ihre Aufgaben anzuwenden. Das wird am Ende auch die Form und Qualität der Gottesdienste, der Konfirmandenarbeit und der Selbstorganisation beeinflussen und vielleicht sogar helfen, die steigende Burnoutgefahr zu mindern, weil ein weiser Umgang mit neuen Medien auch die Kompetenz umfasst, sich Ruhepausen und Rückzugsorte zu schaffen und eben nicht pausenlos erreichbar zu sein.

Gerade bin ich dabei, ein Modul zu gestalten, mit dem wir Studierende an der Ev. Hochschule Tabor an „Kunst, Kultur und Medien“ heranführen. In fünf Blöcken werden wir ein Semester lang darüber nachdenken, wie diese drei die Gemeindearbeit bereichern können.  Ich bin gespannt, ob es in den nächsten Jahren ähnliche Formate auch an anderen Ausbildungsstätten geben wird!

Halleluja – Bin ich Valerie oder der Priester?

Als 2016 das Projekt „Valerie und der Priester“ online ging, war es ein viel beachteter Blog. Viele meinten: Endlich öffnet sich die (katholische) Kirche, lässt jemanden hinter die Kulissen blicken und kritische Fragen stellen. Andere freuten sich, über die missionarische Chance, mit Skeptikern über Glaubensdinge zu sprechen. Ein Jahr lang hat die atheistisch-feministische Journalistin Valerie Schönian den katholischen Priester Franziskus von Boeselager in seinem Alltag  begleitet. Sie hat Kirchen betreten, Messen beobachtet, Alten- und Krankenbesuche erlebt. Beide haben sich auf Augenhöhe wahrgenommen, zusammen gefeiert, sich offen und ehrlich ausgetauscht und gemeinsame Erfahrungen gemacht. Und die Erkenntnis: Trotz grundsätzlich unterschiedlicher Meinungen zu bestimmten Themen (Frauenordination, Homo-Ehe, Obrigkeitsgehorsamkeit) kann man sich akzeptieren, verstehen und mögen. Auch wenn das Jahr mit Frusterlebnissen und Kontroversen gespickt war, haben beide eine Sensibilität für die Lebenswelt des anderen erlangt und zumindest einen Perspektivwechsel versucht. 2018 ist „Halleluja : wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen“ (Valerie Schönian, Piper Verlag 2018) als reflektierter Rückblick auf das Projekt erschienen.

Ich möchte nicht spoilern, ob sie am Ende heiraten, einer die andere bekehrt (oder umgekehrt) oder die Kirche in ihren Grundwerten erschüttert wird, aber definitiv ist bei der Lektüre etwas in mir in Bewegung gekommen. Ich nehme den Protagonisten ab, dass sie sich ernsthaft umeinander bemühen und kann ihre inneren Prozesse nachvollziehen.

Das Buch beschreibt den Weg dieses Jahres in sieben Abschnitten von anfänglichem Unverständnis, einer persönlichen Annäherung, frustrierter Abgrenzung und Erfahrungen, die das eigene Handeln und Glauben hinterfragen. Wie wichtig ist eine übernommene Tradition (religiös oder a-religiös)? Wo fängt Gebet an und wieviel „Geist“ wird emotional und gruppensozial erzeugt? Was würde ich denken, wenn ich anders aufgewachsen wäre? Was würde sich an meinem Alltag ändern, wenn ich davon ausginge, dass es Gott (nicht) gibt?

Wenn ich meinen Platz in dem Buch suche, stehe ich zwischen den beiden Protagonisten. Als Christ und studierter (evangelischer) Theologe bin ich eher auf der Seite des Priesters. Freiheitliche Gedanken, Grundeinstellungen und der ungeordnete Lebensstil ähneln wohl eher der Berliner Partykultur als dem Dorfpfarramt. Und in vielen Fragen springe ich, kann beide Seiten verstehen, weiß manchmal selber nicht, wie ich mich klar positionieren soll. Für die einen bin ich konservativ, in anderen Kreisen mit der gleichen Meinung liberal. Klar mag ich die Kirche als Gemeinschaft der Christen, aber ein solch blinder Gehorsam, wie es Franziskus zeigt, geht mir zu weit. In vielen Punkten bin ich froh (bei aller ökumenischer Offenheit), dem evangelischen Spektrum anzugehören, wo die Kritik an der eigenen Institution (als „Protestant“) quasi immanent ist. Und doch schätze ich dieses tiefe Gott-Vertrauen, das ich bei Franziskus herausspüre. Ich versuche gnädig zu sein, wenn Menschen Fehler machen oder an Strukturen festhalten, die einer gesunden Entwicklung im Weg stehen. Und gleichzeitig kann ich mit einigen modernen Spielarten der freiheitlichen Gesellschaft nicht viel anfangen und verteidige Traditionen, wo sie mir hilfreich erscheinen.

Das nehme ich aus dem Buch mit: Glaubensdinge kritisch anschauen ohne das reflektierte Vertrauen aufzugeben. Ich kann bei heiklen Fragen immer eine kleine Valerie in meinem Kopf haben, die mit rationalem Klargeist sagt „Warum denn?“ und gleichzeitig einen kleinen Franziskus, der sagt „Gut, dass es so ist!“. Und beide dürfen sein.
Auf jeden Fall hat mir das Buch wieder neu Lust gemacht, echte Atheisten kennenzulernen und tiefer zu bohren, was sie denken, fühlen, glauben. Nicht, um sie zu bekehren, sondern um sie zu verstehen und mit ihnen zwischen beiden Welten zu pendeln. Danke für diesen Anstoß!

Mensch bleiben in der Digitalen Kirche

Die (evangelische) Kirche ist in der Digitalisierungsdebatte angekommen! Seit März 2017 brodelt es unter dem Hashtag #DigitaleKirche. Zuerst unterschwellig, aber seit der letzten Herbstsynode hat die EKD einen Sondierungs-Prozess begonnen. Über den Sommer wurde gesammelt, sortiert und gefeilt und bei dieser Synode wird über die Einrichtung von Planstellen geredet und aller Voraussicht nach auch mal Geld in die Hand genommen, um deutschlandweit Strukturen zu schaffen. Ob dabei ein kleiner Millionenbetrag viel Geld für einen hellen Leuchtturm ist oder „ein Groschen pro Mitglied“ eher einem Teelicht gleicht, kann man diskutieren. Aber es ist gut, dass sich etwas tut!

Ein Vorreiter ist der „EKD-Medienbischof“ (das ist kein offizielles Amt, aber lässt sich gut vermarkten) Volker Jung, der als Basislektüre für Kirchenmenschen ein kleines Taschenbuch geschrieben hat.
Während die aktuellen Digitalisierungs-Literaten (Harari, Precht, Kling und Co) über die Frage nachsinnen, wie in Zukunft intelligente Maschinen menschlich werden (oder eben nicht) und unsere Zukunft teilweise durchaus dunkel zeichnen, stellt Jung in seinem Buch eine Haltung vor, wie wir „Digital Mensch bleiben“ können. Evangelisch.de zeichnet als gute Erstinfo den Inhalt nach und  @ralpe hat bereits treffend geschildert, dass Jung zwar den Status Quo gut darstellt, aber wenig eigenen Standpunkt der Kirche beisteuert. Das entspricht wohl ganz gut dem aktuellen Status der EKD anfang November 2018.

Ich möchte dem Buch jedoch zugute halten, dass es tatsächlich die Digitalisierungsdebatte in die kirchliche Landschaft in Kirchensprache übersetzt und für kirchliche Menschen „vorkaut“. Keine sperrigen Statistiken, Fachwörter oder zu abgedrehte Theorien. Dafür bischöflich-seelsorgerlich augearbeitet ein durchaus brauchbarer Überblick, welche Themen die Gesellschaft und damit uns als Kirche im Feld der Digitalisierung interessieren sollten. Ergebnis: Das Buch liest sich leicht, verstört nur wenig und öffnet die Tür zur Digitalen Welt in sanften Schüben, sodass viele sich trauen können, einen Blick hinein zu werfen.
Und zwischendurch argumentiert Jung immer wieder aus der Bibel,  von der Geschöpflichkeit des Menschen, der selber die Welt gestaltet ohne dabei Gott gleich zu werden. Und für unseren Umgang mit digitalen Medien führt er am Ende sogar das Doppelgebot der Liebe als Hauptkriterium an und verortet damit kirchlichen Medieneinsatz im christlichen Menschenbild, sich selber, den nächsten und Gott wertschätzend zu begegnen. Dieser Schritt scheint mir wichtig, weil die humanistische Selbstoptimierung (die digital oft tonangebend scheint) den Menschen leicht als minderwertige Maschine erscheinen lässt, die sich im Zuge der Digitalisierung eben zum Cyborg entwickeln muss, um mitzuhalten. Mit Volker Jung würde ich mich freuen, wenn bei allem Segen, den die Digitalisierung uns bringt, das menschliche am Menschen seinen Wert nicht verliert und wir bei der zukünftigen Programmierung von Maschinen nicht nur richtige Antworten, sondern auch einen „menschlichen Umgang“ miteinander einbauen könnten (den allerdings auch die global und lokal verantwortlichen Menschen erstmal wieder entdecken müssten). Um bei dem Thema eine ernstzunehmende Stimme zu bekommen, müsste die EKD allerdings über einen Medienpool und einen Gottesdienstfinder hinaus einen echten ethischen Diskurs über den Wert des Menschlichen und des Künstlichen führen, um herauszufinden, wie wir tatsächlich in Zukunft „Digital Mensch bleiben“ (oder werden?) können.

Am Ende bleibt zu hoffen, dass die #DigitaleKirche nicht nur Formate und Kanäle der Digitalen Gesellschaft adaptiert (auch das ist wichtig!), sondern die Chance nutzt, geistlich lebendig und nah dran an den Menschen zu sein. Landeskirchen und EKD werden weitgehend als abgehobene Institutionen wahrgenommen und passen nicht in eine Kommunikationsstruktur, die Menschen direkt miteinander verbindet. Wenn wir aber schon ohne Stellvertreter direkt mit Gott im Himmel kommunizieren, können wir ruhig auch mit seinen Kindern auf der Erde auf Augenhöhe (von Mensch zu Mensch) kommunizieren. Schön, wenn die EKD-Synode das nächste Woche mit im Blick hat.

Walking the DingleWay

Heute mal ein ungewöhnlicher Blog-Beitrag. Ein Reisebericht, der  Urlaubstipps gibt (1), über den Unterschied zwischen Wandern und Pilgern nachdenkt (2) und einen Mittelweg zwischen zwanghafter Offlinezeit und Online-Ausschlachtung einer Tour propagiert (3). Ich bin mit einem Freund den Weg im August 2018 gelaufen und teile gerne meine Erlebnisse mit euch.

1. The Dingle Way

Der DingleWay ist ein gut beschilderter Wanderweg, der auf ca 180 Km in Küstennähe die Dörfer und Städte rund um die Dingle-Halbinsel verbindet. Es ist nicht immer der kürzeste Weg, aber meist ein schöner Weg. Aber Achtung: Es ist kein flacher Küstenweg, sondern überwindet über seine acht Etappen gut 7600 Höhenmeter! Also sollte man die Route mit Bedacht auswählen. Für Menschen, die auch noch Urlaub machen wollen, empfehle ich, die Etappen zu verkürzen, Pausetage einzuplanen oder die erste und letzte Route (Tralee-Camp) wegzulassen. Auch kann man einzelne Stationen per Bus/Taxi zurücklegen (falls sich morgens schon Dauerregen abzeichnet). Ein Doppelzimmer im B&B bekommt man um die 30-50 EUR p.P., Hostelpreise liegen meist unter 20 EUR im Mehrbettzimmer (und man kann die Küche nutzen, um nicht jeden Tag im Pub zu essen – ca 20 EUR + Getränke).
Die Iren sind entspannte Menschen. Den meisten hat für die Buchung eine Email mit Vorname und Datum gereicht. Gezahlt wurde oft erst bei Abreise, ganz entspannt in bar, ohne Meldeschein und auf Vertrauensbasis. Auch das ist The DingleWay.
Für die Tourplanung empfehle ich die grundlegende Frage: Was erwartest du von einem Wanderurlaub? Geht es um möglichst viel körperliche Bewegung? Oder auch um das Sein in der Natur, ausgiebige Pausen, Ausschlafen, einen Stadtbummel oder Sightseeing an historischen Stätten? Wer den DingleWay an 8 Tagen läuft, wird wenig drumherum mitbekommen. Dabei lohnt es sich, zumindest einmal am Tag innezuhalten, wahrzunehmen, in welch herrlicher Natur man unterwegs ist und zu genießen. Das kann bei einer Pause am Strand sein (die Möglichkeit gibt es quasi jeden Tag!), auf einer Bank in den Hügeln (die sind selten, also nutzt sie, wenn ihr welche findet!) oder im Pub nach Feierabend (was in Irland quasi zum guten Ton gehört…). Man kann sich bei Obst und Wasser entspannen, Guinness und Cider vom Fass konsumieren oder diverse lokale Craft-Biere kennenlernen. Man kann im Hostel selber kochen (wenn es ein Geschäft vor Ort gibt!), in einigen Pubs sehr gut essen (z.B. „Ashe’s Pub“ in Camp) oder sogar im B&B hervorragend bekocht werden (erlebt im „Gleann Dearg“ in Dunquin). Man kann für sich alleine bleiben, aber viel schöner ist es, sich auf Gemeinschaft einzulassen. Leicht kommt man mit anderen Wanderern, Gastwirten, Touristen und Locals ins Gespräch und lernt Schweden, Holländer, Franzosen, Italiener, Deutsche, Österreicher, Schweizer, Amerikaner, Chinesen, Briten und Iren kennen. Auf meiner Tour habe ich schnell aufgegeben, mir alle Namen der Leute zu merken, die ich unterwegs getroffen habe (ich hab euch trotzdem alle lieb!). Dennoch waren es tolle Begegnungen, gute Gespräche (mal oberflächlich, mal gemeinsam leidend, mal witzig) und wertvoller Austausch über die Route, Weg-Optionen und Erlebnisse.

2. Willst du wandern oder pilgern?

Ein Teil des DingleWay ist offizieller Teil des Jakobsweges, man kann also in drei Etappen von Tralee nach Dingle pilgern (mit Stempeln und Zertifikat). Man kann auch den gesamten Weg als Pilgerreise verstehen, kann sich auf eine innere Reise begeben, über sich selber, das Leben und große Themen nachdenken und den Kontakt zu Gott suchen. Oder man kann in geselliger Gruppe laufen, den Schwerpunkt auf Gespräche, Austausch und die Gemeinschaft legen. Beides geht, aber man sollte sich entscheiden, um hinterher nicht frustriert zu sein. Ich hatte ein wenig von beidem. Primär war ich mit einem Studienfreund am Wandern, hatte gute Gespräch und immer wieder Austausch mit anderen Wanderern. Zwischendurch gab es aber auch mal Stunden in denen wir geschwiegen haben, wo die Gedanken kreisen konnten (vom Regen und Matsch zu Lebensfragen, Erinnerungen, Liedern und abstrusen Theorien). Dieses scheinbar ziellose Denken finde ich besonders bereichernd, weil es die Möglichkeit bietet, dass man mal auf ganz neue Ideen kommt, die man sich nicht bewusst ausgedacht hat. Als Inspirationsquelle habe ich das Buch „Ganz da“ von Richard Rohr mitgenommen und (fast) jeden Tag einen kleinen Impuls gelesen, der mich mal mehr und mal weniger blegleitet hat. Für mich war es also eine Wanderung mit Pilgerelementen. Sorum finde ich es hilfreicher, weil man dann erfreut über geistliche Erkenntnisse sein kann (andersrum hat man leicht zu hohe Erwartungen und ist dann unzufrieden, wenn man doch nur gewandert ist). Und als Tipp: Zu große Gruppen halten eher auf (jeder muss zu unterschiedlichen Zeiten aufs Klo, hat Blasen, Hunger oder andere Bedürfnisse…), aber alleine oder zu zweit kommt man normalerweise gut voran. Wir haben einige Menschen mit Zelten getroffen, da bietet es sich natürlich an, Zelt, Kocher und Utensilien auf mehrere Schultern aufzuteilen (wobei ich das nur erfahrenen Wanderern empfehlen würde). Im Normalfall (wenn man kein Gepäcktaxi für ca 20 EUR pro Tag mitbuchen möchte), würde ich zu max 6-8Kg Rucksackgewicht (+ 2-3 Liter Wasser und Lunchpaket) raten.

3. Willst du auf dem Weg sein oder überall?

Früher habe ich im Auslandsurlaub mein Handy grundsätzlich ausgeschaltet. Vorwand waren oft die Roaminggebühren aber der eigentliche Grund war, dass ich mal ganz da sein wollte, wo ich mich aufhalte und eben nicht erreichbar. Da ich in der digitalen Welt arbeite, kann ich schlecht „rein privat auf Facebook“ unterwegs sein bzw. bin schnell in Versuchung eben doch mal berufliche Mails zu beantworten oder spannende Artikel zu lesen. Wer das möchte – gerne! Aber man darf auch mal bewusst abschalten. Auch wenn mittlerweile die meisten Provider ohne Aufpreis das Telefonieren und Surfen zu Inlandsgebühren ermöglichen (auf dem DingleWay ist der Empfang weitestgehend gut, quasi alle Herbergen bieten außerdem freies WLAN an), kann es hilfreich sein, bestimmte Themen einfach mal zu Hause zu lassen. Ein lange gährender Streit, der sich nicht schnell lösen lässt? Eine inhaltliche Herausforderung an der man schon lange brütet? Ein Echtzeit-Browsergame, bei dem man nur mal kurz ein paar Klicks täglich macht? Lass es einfach mal zu Hause und lass dich auf echten Urlaub ein.
Gleichzeitig bin ich ein Verfechter davon, dass gesunder Onlinekonsum auch im Urlaub bereichernd sein kann. Wenn man zum Beispiel holländischen Touristen beim Gespräch übers Pilgern mal schnell ein Foto von Hape Kerkeling (und seinen Erfahrungen auf dem Jakobsweg) zeigen kann oder unbekannte Wörter auf irischen Speisekarten übersetzen lässt, ist das hilfreicher Interneteinsatz. Ständig im „Familienchat“ oder anderen Messenger-Kommunikationen mitzulesen, kann aber durchaus gefangen halten. Ähnlich, wie täglich Urlaubsbilder bei Facebook oder Instagram zu posten. Es ist zwar schön, regelmäßig neidische Kommentare zu lesen und immer wieder in Kommentaren zu erklären, wo man genau ist und was man genau macht, aber genau das kann auch echtes Dasein verhindern. Ich empfehle, vorher darüber nachzudenken, wie man im Urlaub kommunizieren möchte, das mit relevanten Personen klar abzusprechen und dann entspannt damit zu sein.
Ein tolles Erlebnis war das Paar aus NewYork, mit denen wir abends in Dingle ein Bier im Pub getrunken und ein kurzes Gespräch geführt haben (Seid ihr verheiratet? Nein, vielleicht irgendwann mal…) und die am nächsten Tag per Facebook von den Cliffs of Moher ihre Verlobung bekannt gegeben haben. Das war natürlich eine tolle Nachricht für die Freunde zu Hause in den USA und auch für uns (ob man so eine Urlaubsbegegnung „Freund“ nennt, sei mal dahingestellt, aber ich fühle mich mit ihnen verbunden, weil wir unwissentlich einen sehr spannenden Zeitpunkt ihrer Beziehung miterleben konnten). So ganz ohne digitale Kommunikation wäre das untergegangen…
Obligatorisch sei auch nochmal darauf hingewiesen, dass ein öffentlicher Post „Ich bin jetzt 2 Wochen im Ausland und nicht erreichbar“ inkl Postadresse gerne von Einbrechern genutzt wird, um leichte Beute zu machen, also Vorsicht, was man postet! Auch wenn meine Wohnung nicht unbewohnt war, habe ich mich entschieden, Urlaubsbilder erst nach der Rückkehr zu sortieren und zu posten. Interessanterweise bekam ich darauf dann Kommentare, die erkennen ließen, Menschen dachten, ich wäre gerade im Urlaub. Es scheint also „das neue Normal“ zu sein, live zu berichten. Wie auch immer du dich entscheidest, tu es bewusst 🙂

Zum Abschluss hier noch unsere Streckenführung und ein paar Tipps aus unseren Erfahrungen:

Alles ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Aktualität und ohne irgendwelche Provisionen. Wir waren im August 2018 unterwegs. Die Erfahrung eines vorherigen Irlandurlaubs lehrt uns, dass das Wetter ggf. im Mai besser sein kann und die Auslastung im Hochsommer (Achtung vor allem an irischen Bank-Holiday-Weekends!) macht es definitiv erforderlich, vorher exakt zu reservieren, wo man übernachten möchte. In der Vor-Saison, wurde mir erzählt, kann man auch flexibel eine Herberge suchen. So spontan sind die Iren auf jeden Fall, aber wenn voll ist, ist eben voll…

  • Flug ab Frankfurt-Hahn (Achtung: hohe Parkgebühren und enge Gepäckgrenzen!) nach Kerry Airport (HHN-KIR), von da 1,5Km nach Farranfore laufen und per Zug nach Tralee (ca 15min).
    Im Tourist Office den Pilgerpass besorgen und im echten Supermarkt bis Dingle Reiseproviant einkaufen.
  • ÜN1 in Tralee: Castle Hostel
    Entspannter, einfacher Stil und zentral gelegen. Für gutes Craft-Beer und lange Abende empfehle ich das Pub „The Blasket“.
  • 1. Etappe: Tralee – Camp
    Emotional schöner Start, weil man aus der Zivilisation langsam in die Wildnis kommt. Im Zweifel würde ich diese Etappe aber weglassen bzw. nur bei Sonne empfehlen, da der Weg großteils über eine Wiese führt und sehr schlecht ausgebaut und matschig ist. Schaut eigentlich flach aus, hat aber 900 Höhenmeter und zieht sich bei Dauerregen schier endlos!
  • ÜN2 in Camp: Finglas House
    Sehr nett, gute Zimmer und gutes Frühstück („wie bei Muttern“).
  • 2. Etappe: Camp – Annascaul
    Schöne Tour, besserer Weg als am ersten Tag, aber wieder ähnlich viele Höhenmeter. Dafür wird man mit Inch Beach belohnt, wenn man den Weg zum Strand mitnimmt.
    Abends ist bein Besuch im “South Pole Inn” ein Blick in den Wandkasten (Südpol-Erfahrung) obligatorisch.
  • ÜN3 in Annascaul: DingleGateHostel
    Günstig und gut, aber gut 2 Km vom „Ortskern“ abgelegen. Es gibt kein Geschäft/Pub in der Nähe, also eigentlich ungünstig gelegen. Außerdem wird die dritte Etappe dadurch sehr lang.
  • 3. Etappe: Annascaul – Dingle
    Angenehmer Weg zuerst abwärts zum Strand, hinterher wieder hoch nach Lispole. Ab da sind wir Bus gefahren, um Kräfte zu sparen…
    In Dingle kann man hinter dem „Centra“ für Münzen Wäsche waschen und trocknen. In der Zeit kann man ggü bei „Adams“ lecker Essen, im „The Dingle Pub“ Live Musik und Tanz erleben oder bei “Dick Mack’s” selbstgebrautes Bier kosten. Wer einen Pausetag einlegt, kann eine Brauereiführung mitnehmen, nach „Funghi“ dem Delphin Ausschau halten oder in der Dingle Distillery die Herstellung von Whiskey, Gin und Vodka kennenlernen.
  • ÜN4/5 in Dingle: DingleHights B&B
    Nicht so persönlich, aber top renoviert. Etwas oberhalb der Stadt, daher ruhig, aber auch viel Lauferei… Mitten in der Stadt wäre das günstige „Grapevine Hostel“, das aber ausgebucht war.
  • 4. Etappe: Dingle – Dunquin
    Eine landschaftlich schöne Etappe mit Hund, Strand und einigen interessanten Steinformationen. Wer die genauer begutachten will, sollte mehr Zeit einplanen und evt auch einen Abstecher zum Slea Head einbauen.
    In Dunquin sagt man „Krugers Bar“ nach, der westlichste Pub Europas zu sein. Zumindest ist es der einzige dort und es gibt gutes Bier. Achtung, kein Shop, wer kochen will (z.B. im Hostel) muss alle Zutaten mitbringen!
  • ÜN6 in Dunquin: B&B Gleann Dearg
    Angenehmes Ambiente mit sehr leckerem Essen im weinbewachsenen Wintergarten. Abendessen und Lunchpaket kann vorbestellt werden.
  • 5. Etappe: Dunquin – Feohanagh
    Eigentlich die schönste Etappe durch Wiesen, an Stränden, Buchten, Klippen mit der Option zu einigen interessanten Abstechern, wenn man sich Zeit nimmt. (Ggf schon im „Coastguard House“ übernachten und einen Tag extra einplanen?) Auf dem Weg kann man außerdem das berühmte „Gallarus Oratory“ ansteuern.
  • ÜN7 in Feohanagh: Coill an Róis
    Sehr gastfreundlich und sehr hoher Qualitäts-Standard. Um die Etappe kürzer zu halten, wäre das „An Riasc“ zu empfehlen, um die folgende Bergetappe zu verkürzen und das Pub direkt vor Ort zu haben das „An Bothar“. Sonst gibt es nicht viel in der Gegend, also einfach weiterlaufen…
  • 6. Etappe: Feohanagh – Cloghane
    Hier gehts übern Berg, die meiste Zeit ist es aber ein seichter Aufstieg/Abstieg über Wiesen und Wege. Bei Sonne sehr gut machbar, könnte bei Regen aber auch eine Schlammschlacht werden. Außerdem am Kamm sehr kalt und windig. Durch die Abgelegenheit kann hier ein alternativer Taxitransfer 40-50 EUR kosten.
  • ÜN8/9 in Cloghane: Mount Brandon Hostel
    Das Zimmer war recht klein und hellhörig, aber schön gelegen und empfehlenswert durch die absolut liebenswerte Gastgeberin Mary. Es gibt einen Pub und einen kleinen Shop und (ca 1-2 Km entfernt) schöne Strände. Wir haben hier einen Pausetag eingelegt, um nach der Bergtour auszuruhen. Vom Angebot her wäre das in Castlegregory besser gewesen, aber zum Auffüllen der Kraftreserven war es hier genau richtig.
  • 7. Etappe: Cloghane – Castlegregory
    Nach kurzem Einstieg geht der Weg vor allem 12Km lang am längsten Strand Irlands entlang. Lässt sich wunderbar laufen, mit Schuhen auf hartem Sand oder bei gutem Wetter auch barfuß im seichten Wasser. Wir haben die Landzunge abgekürzt und dafür eine lange Pause am Strand genossen. In der westlichen Bucht gab es durchaus surftaugliche Wellen, in der östlichen Bucht ist das Wasser eher ruhig.
  • ÜN10 in Castlegregory: Fitzgeralds Hostel
    Einfach, recht laut, aber total entspannte Betreiber und entspannter Ort mit echtem Supermarkt und mehreren Pubs.
  • 8. Etappe: Castlegregory – Tralee
    Nach dem Regentrauma des ersten Tages sind wir „nur“ die paar Kilometer nach Camp gelaufen (hat im Nieselregen genug Motivation gekostet) und sind von da aus Bus gefahren. Ansonsten hätte man eine „Déjà-Vu-Route“ und würde ggf. einigen Wanderern an ihrem ersten Tag begegnen, was sicherlich auch interessant wäre. Dafür müsste aber der Weg einfach besser gangbar sein, um das auf sich zu nehmen.
  • ÜN11 in Tralee: Castle Hostel
    War wieder nett und fühlt sich nach den zehn Tagen an, wie nach Hause kommen. Nochmal ein Abend „Stadtflair“ und am nächsten Tag wieder mit dem Zug zum Flughafen in Deutschland vom Flughafen nach Hause und erstmal entspannen. Ich würde nach so einer Wandertour raten noch min. 1-2 Tage zur Erholung einzuplanen, um den Urlaub/Pilgerweg nachwirken zu lassen.

 

  • Bei der Planung geholfen hat mir eine Website mit Infos zu m Weg und Übernachtungen.
  • Das berühmte „gelbe Buch“, das viele deutsche Wanderer dabei hatten, kann ich auch sehr empfehlen (schon allein für die Vorfreude), auch wenn eigentlich alle Infos online zu finden sind und der Weg gut ausgeschildert ist.
  • Außerdem hatte ich die kostenlose Offline-Navigation „OSMAND“ mit Straßenkarten von Irland (Höhenlinien kosten extra) und den GPX-Daten des Weges (kostenlos) auf dem Handy installiert. Das hilft als Backup und Übersicht.
  • GB Stromadapter nicht vergessen und alle Technik regensicher verpacken!

Maschinenethik 2049 – Ist die Seele ein Algorithmus?

In den letzten Wochen habe ich mich aufgrund von Harari, RealHumans, Bladerunner2049 und diversen Onlinetexten verstärkt mit dem Thema der Ethik im Digitalen bzw. der Menschlichkeit von KI-Systemen oder allgemein ausgedrückt mit Maschinenethik beschäftigt. Das Thema fasziniert mich seit dem Studium und scheint jetzt langsam mainstreamtauglich zu werden.

Nikolaus Röttger hat im September auf der Website des Kirchentags gefordert, dass Kirche sich einmischen muss, wenn Forscher über Unsterblichkeit nachdenken und an künstlichem Leben arbeiten. Dem stimme ich zu, wobei man als Kirche nicht einfach nur das alte bewahren und das neue ablehnen darf, sondern kritisch und geistlich prüfen muss, wie man auch neue Möglichkeiten zum Wohle der Gesellschaft und der Menschheit nutzen kann. Wie kann das gehen? Jonas Bedford-Strohm nennt es ein „Herzhaftes Umarmen der Digitalen Möglichkeiten“ und ermutigt Gemeinden, sich auf SocialMedia und digitale Kommuniktion ganz natürlich einzulassen.
Größer gedacht geht es dabei ganz elementar um Inklusion, den Umgang mit Schwachen, Behinderten, den Grauzonen am Anfang und am Ende des Lebens und die Frage, was ein lebenswertes Leben ausmacht. Muss man sich ultimativ optimieren und wer nicht perfekt ist, verliert irgendwann das Recht auf Leben? Oder ist der Makel vielleicht gerade das, was uns l(i)ebenswert macht?

Röttger zitiert in seinem Text Yoval Harari, der in seinem Buch „Homo Deus“ vorhersagt, dass Menschen in den nächsten Jahren (in etwa 2049…) lernen werden, ihre Körper biologisch aufzuwerten (schon heute sind Prothesen teilweise leistungsfähiger als natürliche Organe) und durch die radikale Informationsfreigabe an einen zentralen kollektiven Wissensspeicher zahlreiche Prozesse so optimiert werden können, dass wir Resourcen sparen, effektiver arbeiten und länger leben können. Zumindest die, die es sich leisten können, Teil dieser elitären Gesellschaft zu sein. Für die große Masse der unbrauchbar gewordenen Arbeitskräfte besteht die Zukunft vermutlich aus Drogen oder Virtuellen Ablenkungswelten.

Zahlreiche Cyberpunk-Fiktionen zeichnen ein solches Bild der Aufteilung zwischen HighEnd-Elite und dahinvegetierendem Proletariat. Das Urgestein dieses Genres „Bladerunner“ (ebenso die sehenswerte aktuelle Fortsetzung Blade Runner 2049, die einige religiöse Anspielungen (Schöpfer, Engel, Vater, Seele, …) parat hat und den dunklen Stil des Vorgängers adäquat weiterführt) zeigen Fantasien, wie die Menschen mit einer geschaffenen neuen Rasse umgehen kann bzw. wie vom Menschen als untergeordnet erschaffene Wesen irgendwann nach Autonomie und Macht streben könnten.

Ralf Peter Reimann berichtet von der DmExCo, wo Grundlagentheorien für künstliche Systeme bereits präsentiert werden. Das Erheben und Auswerten von persönlichen Daten in allen Lebenslagen wird von Unternehmen mit Hochdruck vorangetrieben (jeder will der erste am Markt sein) – soweit ich weiß ohne nennenswerte kritische Begleitung.
Und wenn Harari schreibt, dass alles ein Algorithmus ist, der Ablauf des manuellen Kaffeekochens, ebenso auch der Mensch selber und das posthumane System der Maschinen, frage ich mich, ob man diese Entwicklung überhaupt noch aufhalten kann. Haben wir vielleicht schon mit den weltweiten Datennetzen vor 30 Jahren (oder spätenstens vor 10 mit der Web2.0-Euphorie bzw. neuerdings mit dem faktischen Wegfall der Netzneutralität und der freiwilligen Massenüberwachung) den letzten Ausstieg verpasst? Oder ist der Übergang vom Menschen zur intelligenten Maschine gar kein Fehltritt, sondern schon von Anbeginn der Zeit angelegt (Da wären wir dann irgendwann bei den Gedanken aus „Matrix Reloaded“)? Irgendwann wird KI in ihrer Leistung den Menschen übertrumpfen und immer mehr Aufgaben besser erledigen. Je mehr Daten wir dem System geben, desto besser kann es uns helfen und desto überflüssiger werden Menschen als Arbeiter oder sogar als Gesamtheit. Und am Ende steht die Frage (die Harari etwas zu schnell als veraltet abtut) nach der menschlichen Seele und der Rolle unseres Schöpfers.

Wenn ich davon ausgehe, dass die gesamte uns bekannte Existenz zu komplex ist als sie dem Zufall zuzuschreiben und es durchaus für mich glaubhaft ist, dass ein Schöpfer den Anstoß für evolutionäre Entwicklungen gegeben hat, könnte er sogar auch durch unsere Schöpferkraft weiter wirken. Ich denke da an den Film „The 13th floor“ (den ich medial fesselnder finde als die ältere Umsetzung des Simulacron3-Stoffes in „Welt am Draht„) und die Frage nach der Virtualität unserer Realität, die schon Stanislaw Lem (als „Phantomatik“) in den 1960ern aufgeworfen hat: Wenn wir eine perfekte Scheinwelt erschaffen können, deren Bewohner sich nicht bewusst sind, dass sie in einer Scheinwelt leben, werden wir auch an der Realität unserer Welt zweifeln müssen. Spätestens da kommen wir also an die Grenzen unseres Verstandes und erkennen, dass wir über die größere Realität rein garnichts sagen können und dort im Ungewissen in jedem Fall genug Platz für einen Schöpfer unserer Realität bleibt. Mitunter ist es da hilfreich, sich an die biblischen Beschreibungen zu halten, in denen ein potentieller Schöpfergott sich über mehrere Jahrtausende vorstellt und ein ethisches Grundgerüst aus Liebe und Versöhnung aufbaut. Die sich daraus ergebende Basis der Nächstenliebe und des gnädigen Miteinanders ist mir zumindest deutlich sympatischer als ein ungezügelt wachsender Kapitalismus (der unser Ökosystem zum Kollabieren bringen wird) oder ein allmächtiges staatliches oder kommerzielles Computersystem, was der (evolutionären) Willkür einzelner Menschen oder einem zentralen Algorithmus untersteht (vgl. das Cyberpunk-Computerspiel „Technobabylon“ dessen Walkthrough sich wie eine SciFi-Serie schaut).

Einige spannende Aspekte der Religion von intelligenten Maschinen tauchen in der schwedischen ScienceFiction-Serie „Real Humans“ auf. Dort gibt es humanoide Roboter, die Menschen im Haushalt helfen. Neben Euphorie, Hass, Neid und Lust führt das zu juristischen Schwierigkeiten und gesellschaftlichen Spannungen. Außerdem existiert eine Gruppe von maschinellen Rebellen, die sich von den Menschen lossagen und eine eigene „Herde“ formen. Schnell bilden sich auch dort skrupellose Anführer, Allmachtsphantasien aber auch Sehnsüchte (z.B. nach Familie und Harmonie) und Emotionen (Streit, Neid, Aggression) heraus. Und ein „Hubot“ fängt durch die Begegnung mit einer Pfarrerin sogar an, die Bibel zu lesen und möchte an Gott glauben. Kann eine künstlich gebaute Maschine eine Seele haben? Kann ein natürlich geborener Replikant (bei BladeRunner2049) eine Seele haben? Kann ein Gott, der laut Bibel durch Tiere oder notfalls Steine sprechen kann nicht auch in Humanoiden wirken?
Wie würden wir reagieren, wenn im Gottesdienst neben uns ein (intelligenter) Staubsauger (oder Siri/Alexa/Cortana/…) sitzen würde, der für sich in Anspruch nimmt, spirituell zu sein? In der Serie wird er von den gläubigen Menschen aus der Kirche geworfen. Wie wir mit unserer Schöpfung umgehen zeigt sehr deutlich wie menschlich wir eigentlich sind.

Wollen wir nur den Status Quo konservieren (egal ob religiös, gesellschaftlich oder moralisch) oder schaffen wir es, wirklich fair und offen mit sich neu bildenden Lebensformen umzugehen? „Ghost in the Shell“ (Original 1989, aktueller Kinofilm 2017) stellt die Frage, ob man die menschliche Psyche (meist übersetzt als Geist, aber was ist mit der Seele?) in eine Maschine transferieren kann und ob das Ergebnis dann ein Mensch oder ein Roboter ist? Außerdem die Frage, wer darüber entscheidet, wenn militärische (bei Bladerunner kommerzielle) Interessen dem menschlichen Gerechtigkeitsgefühl entgegenstehen. Wie viel Leben opfern wir, um besseres Leben zu ermöglichen und wem „gehört“ dann dieses Leben?

Wie wir mit intelligenten Maschinen umgehen und wie wir mit ihnen in friedlicher Koexistenz leben können, diskutieren Filme wie „Der 200 Jahre Mann“ (ein autark lebender friedlicher Roboter optimiert sich selber, um immer menschlicher zu werden und offiziell als Mensch anerkannt zu werden) oder „Terminator“ (Intelligente Kriegsgeräte emanzipieren sich, um die Menschnheit zu vernichten) aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Wie man in den Wald schreit, so schallt es aus ihm heraus.  Eventuell wird also die Intention mit der wir künstliche Systeme aufsetzen determinieren, wie diese später mit uns umgehen. Denn auch im Umgang mit Robotern lernen diese durch unser Vorbild (in i-robot versklavt der Zentralrechner die Menschheit, um uns vor uns selber zu schützen). Sind also die 3(+1) Robotergesetze von Asimov haltbar? Müssen wir einen expliziten Schutz menschlichen Lebens in Maschinen verankern, damit es nicht zum Vernichtungsschlag kommt? Können wir Maschinen überhaupt mit solchen fixen Regeln versehen? Oder müssen wir Maschinen beibringen und vorleben, dass Fehler machen erlaubt ist und es garnicht um Perfektion, sondern um Gnade geht?

Die zentrale Frage ist also: Worum geht es im Leben? Was ist unser höchstes Ziel? Perfektion? Macht? Genuß? Schönheit? Ewigkeit? Gemeischaft? Kollektives Wissen? Liebe und Gnade?
Lasst uns von einer Gesellschaft träumen, in der alle (heutigen und zukünftigen) Lebensformen in guter Gemeinschaft miteinander leben können. Und lasst uns schon jetzt die Menschen sein, die dafür nötig sind: Weise Schöpfer, demütige Geschöpfe und wohlwollende Mitmenschen.

 

Von Luther zu WhatsApp – Medienreformation damals und heute

Alle reden von Martin Luther, der Thesentür in Wittenberg und den Solae der Reformation. Gleichzeitig schweift der Blick zumindest in den Kirchen auch zur ehrwürdigen Lutherübersetzung der Bibel die ein echter Meilenstein für das deutschsprachige Christentum war. Schnell wird klar: Luthers Gedanken und seine Mediennutzung gehören zusammen. Und der alte Reformator war eben kein Kulturkonservierer, sondern er hat aktuelle Medien genutzt. Aktuelle Gassenhauer hat er zu Kirchenliedern umgedichtet, zeitgenössische Malerei der Cranachs hat sein Gesicht bekannt gemacht, gedruckte Traktate und Bücher haben seine Ideen über ganz Europa verbreitet.
Warum hat man so oft das Gefühl, dass Kirchen im 21. Jahrhundert die digitale Medienreformation bewusst verschlafen oder sogar als Bewahrer des althergebrachten Stils (vgl. die Kontroversen um freies WLAN in Kirchen oder die oft sparsame SocialMedia-Kommunikation von Kirchengemeinden) auftreten?

Am Wochenende war ich mal wieder als Freiberufler unterwegs. Diesmal in Schaafheim bei Frankfurt. Eine Evangelische Kirchengemeinde hat mich eingeladen eine interaktive Installation zum Thema Medienreformation aufzubauen und einen Jugendgottesdienst zu gestalten. Also haben wir gemeinsam überlegt, was für die Zielgruppe passt, vor Ort möglich ist und mit ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort umzusetzen ist. Am Ende stand ein Parcours mit sechs Stationen, den die Besucher in eigener Geschwindigkeit begehen konnten:

1. Musik
Wo Luther den Wert des Gemeindegesangs erkannt hat und  Liederbücher erfunden wurden, bekommen heute christliche Künstler wie die Outbreakband Millionenklicks für ihre moderne Lobpreis-Musik auf YouTube. Geistliche Musik kann Menschen ganzheitlich erreichen, aber es gibt auch Unterschiede zwischen damals und heute.

2. Mediale Informationen
Luthers Thesen wurden durch Flugblätter schnell weit verbreitet und brachten ihm große Bekanntheit. Heute werden kurze Text-Bild-Kombinationen (Memes) ebenfalls oft viral verbreitet und erreichen viele Menschen. Allerdings mit sehr knappem Inhalt. Was macht das mit Argumenten und dem Miteinander im Internet?

3. Bibel lesen
Im Zuge der Reformation wurde der noch junge Buchdruck genutzt, um die Bibel in deutscher Sprache zu verbreiten, damit auch Laien sie lesen und verstehen können. Heute ermöglichen Apps und Onlinebibeln jedem Menschen in seiner Muttersprache die Bibel zu lesen, zu studieren, Versionen zu vergleichen und so Gott besser kennen zu lernen. Lesen dann Konfirmanden während der Predigt wirklich den Bibeltext statt zu chatten?

4. Luther-Wissen vermitteln
Martin Luther hat durch sein Leben polarisiert und Menschen haben ihre Erlebnisse mit ihm weitererzählt. So wurde er für viele zum Vorbild, für andere zum Stolperstein. Heute gibt es neben Texten, Bildern und Filmen auch Computerspiele durch die Menschen sein Leben spielerisch kennen lernen können.

5. Wissensdatenbank
Fachwissen war lange Zeit in (Kloster)Bibliotheken verschlossen und wenigen Weisen vorbehalten. Durch die Reformation wurde ein freiheitlicher Wissensmarkt geschaffen, der in heutigen Online-Wissensdatenbanken und Ressourcen gipfelt. Wie können wir das relevante Wissen herausfiltern und wie kann geistliches Wachstum durch Onlinemedien gestärkt werden?

6. Gebet
Luther stand im täglichen Austausch mit Gott und hat auch für Bittsteller zu Gott gerufen. Der persönliche Austausch und das gemeinsame Gebet findet immer zwischen Mensch und Gott statt, kann jedoch sehr gut durch Onlinemedien vermittelt werden, die Gebetsanliegen bündeln und personelles Feedback ermöglichen. Wie gehen wir mit Datenschutz und seelsorgerlichen Aufgaben in laienbasierten Netzwerken um?

Nach einer geführten Einführung in die sechs Stationen für die Teamer folgte eine zweistündige FreeFlow-Phase in der Besucher flexibel zu den sechs Stationen gehen konnten. Im Gottesdienst haben wir uns angeschaut, welche Auswirkungen durch das internationale Netzwerk des Lutherischen Weltbundes geschaffen wurden und wie wir aufgrund des Geschenkes der freien Gnade im Alltag befreit handeln können.

Der Abend mündete in eine Reformations-Cocktailbar, wo die Besucher bei „Luthers Kräutermix, Käthes Schokogeheimnis und ähnlichen alkoholfreien Cocktails über die Themen ins Gespräch kommen und gemeinsam das erlebte reflektieren konnten.

Auch wenn der #reformationssommer sich dem Ende neigt, bleiben die Themen der Reformation aktuell. Wir alle können heute Reformatoren sein, Schieflagen in Kirche und Gesellschaft aufdecken und ganz praktisch Dinge verändern. So ein Thementag in der Gemeinde oder einer Einrichtung kann ein Teil davon sein.

#DigitaleKirche bei Dynamissio

Gerade versammeln sich über 2300 Menschen in Berlin, um über zukunftsträchtige Inhalte und Formen kirchlicher Arbeit nachzudenken. Im Plenum geht es um die großen Stränge Evangelium – Gemeinde – Welt – Sendung. Ein Forum bindet letztlich alle diese Bereiche zusammen und befasst sich mit dem Thema „Digitale Kirche in der Digitalen Gesellschaft?! Wie kann gelebter Glaube im Internetzeitalter aussehen?“ (FPK10)

Aus technischen Gründen war der Livestream leider nur ruckelnd zu sehen, daher verlinken wir sobald möglich eine Aufnahme hier!
YouTube-LivestreamSocialMedia-Wall

Vielen Dank an die Organisatoren von #dynamissio, dass sie dem Thema Raum geben, an die Referenten @rolfkrueger, @dilinea, @Gofimueller und @roofjoke, dass sie sich Zeit nehmen und an alle, die mit uns weiterdenken wollen.
Ohne es exakt geplant zu haben, existieren seit heute eine Facebookseite, Gruppe, Twitterkanal und eine Domain. Wir haben einiges unter dem Hashtag gepostet. Ohne unnötige Parallelstrukturen zu bestehenden Netzwerken aufbauen zu wollen, frage ich mich jetzt, wohin das führen kann. Mal schaun, erstmal nehme ich wahr, dass da etwas ist. Vielleicht wird was draus, vielleicht löschen wir die Seiten auch wieder. Hast du dazu eine Meinung, dann sag sie uns! #DigitaleKirche