Pilgerrucksack

Camino del Norte – der nordspanische Küstenweg im Mai 2023

Ich war im Mai 2023 auf dem Camino del Norte bzw. Camino de la Costa von Bilbao bis Santiago de Compostela in Nordspanien unterwegs. Hier dokumentiere ich Planung und Umsetzung der Reise sowie einige Fragen, die mich als Medientheologen dabei beschäftigt haben. Da jeder seinen eigenen Camino geht, werden auch deine Fragen und Themen unterschiedlich sein. Vielleicht helfen ja meine Erfahrungen bei deiner Planung oder geben Anstöße für den eigenen Weg.

Videos der Reise

15 Reels (Facebook/Instagram) geben einen inhaltlichen Rückblick auf die Pilger-Reise. Jeweils 90s Hochformatvideo zu einem Thema meines Weges. Hast du ähnliches erlebt oder ganz anderes? Ich bin gespannt auf deine Pilgererfahrungen!

Reisebericht in Bildern

Den Weg über 688 Km an 33 Tagen habe ich in kurzen Worten und ca. 100 Fotos tageweise auf dem kartenbasierten Reiseportal Polarsteps (im Webbrowser ohne Anmeldung frei betrachten) dokumentiert.

Außerdem drei Möglichkeiten zum Pilgerabend:

  • Mi 30.8. 2023 19 Uhr Abendspaziergang der OnlineKirche (Audio-Call via Signal-Gruppentelefonat im Gehen)
  • Do 31.8. 2023 19.15 Uhr vor Ort in der Mehringstr. 23 in Erfurt:
    Fotos & Videos, spanische Snacks & Drinks und Pilger-Austausch
  • Di 12.9. 2023 19.15 Uhr vor Ort in der Mehringstr. 23 in Erfurt
    Fotos & Videos, spanische Snacks & Drinks und Pilger-Austausch

Planung

Für die Planung hatte ich wie die meisten deutschen Pilger „das gelbe Buch“, den Reiseführer des Conrad-Stein-Verlags (Reimund Joos, 19. Auflage) dabei. Das Erfahrungswissen ist durchaus wertvoll. Jedoch ist das Medium Buch zur Herbergssuche eigentlich überholt und die Mischung aus Wegbeschreibung, Meinung, Rant, Werbung und Hinweisen müsste im Text deutlicher getrennt sein, um das Buch ernsthaft zu empfehlen. In Zukunft würde ich von Anfang an stärker auf die App „Buen Camino“ setzen, die mir auf dem Weg immer mehr geholfen hat und aufgrund ihrer Datenbankstruktur aktueller sein kann, als ein gedrucktes Buch. Außerdem nutze ich eine OSM-App mit Offline-Karten und GPX-Tracks des Jakobsweges. Damit hatte ich immer einen Überblick und konnte drumherum frei entscheiden, wenn ich Alternativrouten (z.B. die berühmten Kasperrouten) gehen wollte. So waren mir Buch, App, Track und eigener Verstand eine Planungshilfe.
Bewusst wollte ich als Event-Organisator Vertrauen üben und nicht alles perfekt durchorganisieren. Also habe ich nur berechnet, dass ich von Bilbao bis Santiago 33 Tage bei 20Km/Tag brauche, um die Reisedauer einzuplanen und den Rückflug zu buchen. Wenn ich also am Anfang bewusst mehr gelaufen bin, habe ich Pausentage oder kürzere Strecken „herausgearbeitet“, ohne mich davon stressen zu lassen. Am Ende waren sogar 3 Tage übrig und ich konnte noch (per Bus) nach Finisterre verlängern.

Herbergen

Ich wollte ja flexibel bleiben, musste daher auf einige kleine Herbergen verzichten, weil dort nachmittags oft alles reserviert oder bereits voll war. Oft war ich also in den größeren öffentlichen Herbergen, die allesamt OK waren (bis auf die komplett leeren Küchen in Galicien! Unbedingt einen induktionsgeeigneten Topf, Teller und Besteck mitnehmen, wenn man da kochen will!). Leider waren einige Herbergen Anfang Mai noch geschlossen, also bin ich dazu über gegangen, mittags bei meinem präferierten Ziel per Mail zu fragen, ob offen und frei ist und war damit durchaus erfolgreich. Hier ein paar besonders empfehlenswerte Unterkünfte ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Caborredondo (Izarra): Freundlich, persönlich, leckeres (einfaches) Essen und gute Gemeinschaft, zu meiner Zeit englischsprechend!
  • Pria (Casa Rectorial): Rustikale Gemütlichkeit, gute Gemeinschaft durch geteilte Küche und wenig Ablenkung (wenn die richtige Gruppe da ist, wie bei meinem Besuch). Vorher gut einkaufen!
  • La Isla (Öffentliche Herberge): einfacher Stil, aber tolle Lage! 200m zum perfekten Ausblick von einer Steilklippe zum Meer für Sonnenuntergang und Sonnenaufgang!
  • Muros de Nalon (La Naranja Peregrina): Persönliche Atmosphäre, es gab gutes Abendessen (nicht immer angeboten!) und tolles Frühstück, gute Gemeinschaft und echte Bettwäsche, deutschsprechend!
  • Queras (La Yalga): Richtig guter moderner Standard mit echtem Bettzeug, Einzelkabinen und insgesamt sehr modernem Stil
  • Figueras (Camino del Norte): Gute Lage, um Ribadeo auszusparen. Gut ausgestattete Bar mit gutem Service, schon nachmittags, beim Abendessen und zum Frühstück. Stockbetten etwas gewöhnungsbedürftig. Schöner Garten mit Schaukel und Hängematte. Sidra Sangria!
  • Abadin (Xabadin): Gut ausgestattete Küche, moderne Vierbettzimmer und insgesamt hohes Komfortniveau. Supermarkt direkt nebenan.
  • Madelos (Abeiro da loba): Frisch restauriertes altes Bruchsteinhaus mit toller Atmosphäre, geräumigen Viererzimmern und individueller (komplett vegetarischer?) Küche. Freiterasse und Wiese laden zum Verweilen ein und ist bisher scheinbar ein Geheimtipp!

Meine Fragen auf dem Weg

Inhaltlich haben mich verschiedene Fragen auf dem Weg begleitet. Dabei ging es mir nicht primär darum, die Antworten zu finden, sondern die Fragen besser zu verstehen und Folgefragen zu kreieren. Meine Fragen auf dem Weg waren:

  • Will ich ankommen oder unterwegs sein? Pro Route, für die gesamte Reise und im Leben. Manchmal ist fertig werden, endlich da sein, ankommen wichtig. Aber oft ist der Weg das Ziel und das Genießen des Weges viel wichtiger als das fertig werden. Gut, wenn man sich immer mal wieder fragt, was gerade Priorität hat, um es bewusst zu entscheiden!
  • Auf wen lasse ich mich (wie intensiv) ein? Ich geh meinen Weg, mein Tempo, höre auf meinen Körper, meinen Geist, mein Herz. Gute Gespräche und Weggemeinschaft können motivieren, aber auch von eigenen Zielen und Bedürfnissen abbringen. Wir schwanken in Beziehungen immer zwischen Freiheit und Verbundenheit und sollten uns das bewusst machen.
  • Plane ich selbst oder folge ich dem Strom? Ich bin ein Systemoptimierer und habe an vielen Tagen den „für mich besten Weg“ gefunden. Aber muss ich das überhaupt? Kann vielleicht der unhinterfragt gegangene Mainstreamweg zur tiefen Entspannung führen, weil ich nicht an jeder Ecke selber die Entscheidung treffen muss? Im Leben mag ich selbstbestimmtes Verhalten sehr. Auf dem Camino wie im Glauben darf ich lernen, auch den vorgegebenen Routen zu folgen, die ich nicht verstehe.
  • Wem vertraue ich (und warum)? Im Restaurant vertraue ich, dass sie mich nicht vergiften wollen, weil sie ihre Lizenz nicht verlieren wollen. Aus purem Eigennutz werden sie hygienisch und genießbar kochen. Pilgern vertraue ich, weil sie das gleiche Ziel haben, dem Piloten aufgrund der Statistik, Ärzen und Seelsorgern aufgrund des Berufskodexes und Webseiten aufgrund ihrer AGBs.
    Wie können Menschen mir vertrauen? Wie kann ich Vertrauen erzeugen? Manchmal reicht eine Vorkasse oder ein offenes Gespräch, aber manchmal bleibt es schwer. Und zu viel einseitiges Vertrauen kann zu Verletzung führen, also ist auch Vorsicht manchmal angebracht. Als Christ möchte ich dennoch mit Vorschussvertrauen durch die Welt gehen, weil ich grundsätzlich vertraue, dass Gott mit mir auf dem Weg ist.

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